IG Metall will Energiewende beschleunigen – Wirtschaft

Jörg Hofmann kommt direkt auf die dramatischen Bedingungen zu, die das vergangene Jahr geprägt haben. Der Vorsitzende der IG Metall spricht über die Energiekrise, über Rekordinflation und apokalyptische Warnungen. Viele Schauspieler sprechen darüber. Deshalb ist Hofmanns Begriff, der in der traditionellen Jahresrede die meiste Aufmerksamkeit erhält, sehr undramatisch: Lametta. Lametta?

Der funkelnde Weihnachtsschmuck ist tief in der deutschen Kulturgeschichte verwurzelt, seit der Satiriker Loriot 1978 Opa Hoppenstedt über den TV-Bildschirm schlurfen ließ. Der nervige Opa mag die Moderne nicht. Auf der Familien-Weihnachtsfeier bringt er dies mit dem gleichen Satz zum Ausdruck: „Früher war mehr Lametta!“

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Warum Obermetaller Hofmann den Weihnachtsschmuck erwähnt, ist für die Zukunft von Deutschlands größter Gewerkschaft durchaus bedeutsam. Hofmann bestätigt damit einen Bericht von Süddeutsche Zeitung, wonach es auch eine formal gleichberechtigte Doppelspitze geben soll, sobald er im Herbst zurücktritt. Dafür müssten allerdings die Statuten geändert werden, die bisher einen ersten und zweiten Präsidenten vorsahen. Altmodische, umständliche Titel, die auf eine Hierarchie in der gewerkschaftlichen Realität hinweisen. “Es gibt Überlegungen, den Lametta aus den Statuten zu entfernen”, sagt Hofmann. Dann wäre der Weg frei für die Anwärter Christiane Benner und Roman Zitzelsberger: Die ehemalige Vizepräsidentin und der Landrat von Baden-Württemberg könnten ein gleichberechtigtes Team bilden. Ein Machtkampf um die Spitzenposition wie der zwischen Jürgen Peters und Berthold Huber, der die IG Metall vor 20 Jahren lahmlegte, würde vermieden.

Union: Christiane Brenner könnte Präsidentin der IG Metall werden, in Doppelspitze.

Christiane Brenner könnte Präsidentin der IG Metall werden, in Doppelspitze.

(Foto: Friedrich Bungert)

Vielleicht sagen Benner und Zitzelsberger so etwas wie: “Früher war mehr Lametta!” Ob es tatsächlich dazu kommen wird, ist jedoch keineswegs sicher. Nicht nur Opa Hoppenstedt liebt glänzenden Schmuck. Einige einflussreiche Metallarbeiter sind auch gegen die Auffrischung der Lametta-Satzung, für die auf dem Gewerkschaftskongress im Oktober eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Zum Beispiel, weil es so aussehen könnte, als ob Christiane Benner nicht in der Lage wäre, die erste Frau an der Spitze der Gewerkschaft allein zu sein. Zudem muss durch die Satzungsänderung der Vorstand von sieben auf fünf Mitglieder verkleinert werden, um effizienter zu werden. Ein solches Vorhaben scheiterte 2011. Vielen Gewerkschaftsmitgliedern war es wichtig, dass möglichst viele Regionen und politische Lager im Vorstand vertreten sind.

Gewerkschaft: Roman Zitzelsberger ist Landesbezirksleiter Baden-Württemberg der Gewerkschaft.

Roman Zitzelsberger ist Landesbezirksleiter Baden-Württemberg der Gewerkschaft.

(Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Die Energiewende als Überlebensstrategie

Im März wird entschieden, ob die Satzungsänderung dem Gewerkschaftskongress vorgeschlagen wird. Scheitert der Plan, könnte eine Rivalität zwischen Benner und Zitzelsberger ausbrechen. Offiziell gibt es überhaupt keine Kandidaten. Namensvorschläge will Jörg Hofmann erst im Sommer machen. Christiane Benner, die neben ihm sitzt, macht klar wie eine Nicht-Kandidatin, dass sie den Job haben will: “Natürlich bin ich bereit, mehr administrative Verantwortung zu übernehmen.”

Hofmann möchte das heikle Thema so schnell wie möglich verlassen und wendet sich der Politik zu. Deutschland muss zum Leitmarkt für eine erfolgreiche Energie- und Mobilitätswende werden, um seinen Wohlstand zu erhalten. “Gehen wir zu spät? Ja, aber nicht zu spät.” Hofmann weist darauf hin, dass im vergangenen Jahr 17.000 öffentliche Ladepunkte für Elektroautos hinzugekommen seien, obwohl es mindestens 130.000 pro Jahr brauche, um das Ziel von einer Million bis 2030 zu erreichen. Ebenso dramatisch sei das Defizit bei den erneuerbaren Energien. Die Branche brauche günstigen Ökostrom mit Preisbremse, damit keine Unternehmen abwandern: „In den energieintensiven Industrien sind die Arbeitsplätze massenhaft gefährdet.“

Auch dem Arbeitskräftemangel will die IG Metall entgegenwirken. Benner kündigte deshalb eine Kampagne für mehr Ausbildungsplätze an. Auch wer den üblichen Moment der Berufsausbildung verpasst hat, soll nicht durchs Raster fallen: „2,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger zwischen 20 und 34 Jahren sind ohne Ausbildung. Wie kann das sein?“ Außerdem sollte der Staat mehr Geld ausgeben, um Umschulungen zu ermöglichen: zum Beispiel vom Mechaniker zum Heizungsinstallateur. Oder von Motorenentwickler zu Entwickler.

Wie andere Gewerkschaften kämpft auch die IG Metall um ihren Einfluss. 2022 ging die Mitgliederzahl auch durch Todesfälle um ein Prozent auf 2,15 Millionen zurück. Vor allem dank Tarifverhandlungen konnten jedoch 120.000 neue Mitglieder geworben werden, die höchste Zahl seit langem. Darunter waren besonders viele Angestellte, vor allem Ingenieure. Was sie von Lametta halten, wurde nicht erforscht.

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