Forscher finden verborgene Schätze am Grund der Ostsee | Freie Presse

Sie liegen seit Hunderten von Jahren im Meer – und doch sehen sie aus, als wären sie gerade gesunken: Forscher haben drei gut erhaltene Schiffe in der Ostsee gefunden. Aber einer von ihnen ist besonders rätselhaft.

Thyboron.

Tausende Schätze schlummern tief unten auf dem dunklen Meeresboden der Ostsee: Wracks von Schiffen, die vor Hunderten von Jahren gesunken sind, jedes mit seiner eigenen Geschichte. Im November machten sich 27 dänische Forscher mit einem Expeditionsschiff und einem Tauchroboter auf die Suche nach diesen Zeitzeugen. Sie waren mehrere Tage unterwegs, als sie östlich der schwedischen Insel Gotland eine Entdeckung machten, die selbst die erfahrensten Meeresarchäologen überraschte: “ein etwa 300 Jahre altes Schiff, aber völlig intakt, als wäre es gerade gesunken.”

So spricht David John Gregory vom Dänischen Nationalmuseum. Wenn er sich an den Fund erinnert, ist er noch Wochen später begeistert. „Dieser Moment, wenn man in völliger Dunkelheit im Licht eines Unterwasserroboters auf dem Kamerabildschirm in 150 Metern Tiefe plötzlich ein riesiges Schiff vor sich auftauchen sieht – das ist unbeschreiblich“, sagt Gregory. “Ein totales “Wow”-Erlebnis und gleichzeitig fast erschreckend.”

Es bleibt nicht bei einem Glücksfall. Zwei weitere Schiffe, wenige Seemeilen entfernt, beide ebenso gut erhalten wie das erste, fielen dem Forscher ins Auge. „Wenn man im seichten Wasser Wracks findet, bleibt oft nur noch der Schiffsboden übrig. Man kann sich stundenlang die vielen Details dieser drei Schiffe anschauen“, sagt Schiffsexperte und Meeresarchäologe Christian Lemée. Sogar eine winzige Drachenfigur ist unter dem Bug eines der Schiffe deutlich sichtbar.

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Der Sauerstoffgehalt sorgt für die Konservierung

„Dass es so viele gut erhaltene Schiffswracks gibt, ist eine weltweite Besonderheit der Ostsee“, sagt Fritz Jürgens, Experte für Unterwasserarchäologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. „In tieferen Lagen ist der Sauerstoffgehalt so gering, dass der Schiffswurm hier nicht überleben könnte.“

Ein Schiffwurm ist eigentlich eine Muschelart, die gerne altes Holz angreift. Bislang blieb die Ostsee – anders als beispielsweise die Nordsee, wo starke Wellen Wracks verursachen können – weitgehend verschont, was aber wohl nicht so bleiben wird: „Auch die Schalentiere passen sich offenbar nur langsam an den geringen Salzgehalt an, was ihnen schadet“, sagt Jürgens. „Das merken wir schon jetzt im Kieler Raum.“

In Zukunft könnten solche „Wow“-Funde auf dem Grund der Ostsee seltener werden. was zu tun ist? Schließlich können nicht alle Schiffe geborgen werden. Christian Lemee lacht. “Nein, selbst wenn ich von einem riesigen Museum träume, das Wracks aus der ganzen Geschichte zeigt. Aber Konservierung und Lagerung wären einfach zu teuer.”

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Baby braucht Schutz

Allerdings wollen die Forscher den neu entdeckten Schatz vor Neugierigen und Plünderern schützen. Deshalb geben sie die genauen Koordinaten, an denen sie diese drei Schiffe gefunden haben, nicht preis. Sie lösen lieber das Rätsel um das genaue Alter, den Typ und das Schicksal der Schiffe.

Vor allem einer der Holzgiganten wirft in Fachkreisen noch viele Fragen auf, während man sich ziemlich sicher ist, dass es sich bei den anderen beiden um niederländische Handelsschiffe handelt. Der größere der beiden misst 25 bis 27 Meter und stammt aus dem späten 17. oder frühen 18. Jahrhundert. Der kleinere ist 16 bis 17 Meter lang und stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Das dritte Schiff, das die Forscher als „Kanonenwrack“ bezeichnen, stammt wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und stammte – so die Vermutung von Expeditionsleiter Gert Normann Andersen vom Jutland Maritime War Museum und seinem Team – aus Skandinavien, möglicherweise Schweden. Wofür es verwendet wurde und warum es sank, ist immer noch ein Rätsel.

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Spannend an dem Schiff: Es hat mehrere Holzrohre an Deck und fünf kleine Kanonen, die so klein sind, dass sie wohl nur der Abschreckung dienten, sagt Experte Christian Lemée. “Dies ist kein Kriegsschiff, eher wie ein High-End-Handelsschiff. Die Holzfässer hätten verwendet werden können, um sich vor einem Angriff zu ducken.”

Lemée glaubt jedoch, dass das Schiff dem Angriff nicht hätte zum Opfer fallen dürfen – sonst hätten Forscher wahrscheinlich Löcher im Schiffsrumpf entdeckt. Ein Experte für das Schiff hat eine andere Theorie: “Ich denke, die Crew hat vielleicht die Segel gesetzt und das Schiff war sehr schnell unterwegs”, sagt er. Ein plötzlicher Wetterwechsel und eine starke Windböe könnten das Schiff zum Kentern bringen.

Entdecker fanden sogar das Rettungsboot des Schiffes in der Tiefe. „Das deutet darauf hin, dass die Besatzung nicht rechtzeitig von Bord gegangen ist“, sagt Lemée. „Das könnte also genauso gut eine menschliche Tragödie sein, mit der wir es hier zu tun haben.“ (dpa)

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