BASF gibt Russland-Geschäft von Wintershall Dea auf

DDer Chemiekonzern BASF hat die Hoffnung aufgegeben, dass seine Tochter Wintershall Dea sich sicher aus Russland zurückziehen kann. Die eigentlichen Einflussmöglichkeiten seien weitgehend verschwunden, der Konzern sei daher “wirtschaftlich enteignet”, teilte der BASF-Vorstand am Dienstagabend in einer Pflichtmitteilung mit.

Bernd Freytag

Rhein-Neckar-Saar-Wirtschaftskorrespondent mit Sitz in Mainz.

Die finanziellen Folgen sind wichtig: Statt wie durchschnittlich von Analysten erwartet, wird der Chemieriese 2022 keinen Gewinn von fast 5 Milliarden Euro, sondern einen Verlust von fast 1,4 Milliarden Euro ausweisen. Hauptgrund sind die Abschreibungen von Wintershall Dea, die allein im vierten Quartal um 5,4 Milliarden auf 7,3 Milliarden Euro gestiegen sind.

Die russischen Aktivitäten wurden entkonsolidiert, dh bereits bilanziell von der Gesellschaft getrennt. Zudem trennte sich der Konzern vollständig von seiner Beteiligung an der Nord Stream AG. Wintershall Dea plant „einen vollständigen geordneten Rückzug aus Russland im Einklang mit allen anwendbaren Rechtsvorschriften“.

Seit vielen Jahren wichtigster Partner von Gazprom

Wie es bei Wintershall weitergeht, ließ der Vorstand in der Pflichtmitteilung offen. Kurz nach Beginn des russischen Krieges in der Ukraine vertrat der Konzern die Position, dass ein Rückzug Russlands nur dem russischen Staat in die Hände spiele, der die milliardenschweren Produktionslizenzen in Sibirien entschädigungslos an den Staat zurückgeben würde. Obwohl Wintershall den Angriff damals verurteilte, stellte sie das Neugeschäft lediglich ein und kündigte an, sich künftig auf Aktivitäten außerhalb Russlands zu konzentrieren. Jetzt zieht das Brett eine Linie.

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Auch Winterhall-CEO Mario Mehren meldete sich am Dienstagabend kurz zu Wort und ließ verlauten, dass das Unternehmen für diesen schwierigen Moment gerüstet sei. Seit Kriegsbeginn habe Wintershall seinen Finanzrahmen „sorgfältig angepasst“ und die Russland-Aktivitäten aus der Planung genommen. Eine Fortführung der Geschäfte in Russland sei nicht tragbar: „Russlands Angriffskrieg ist nicht mit unseren Werten vereinbar. Er hat die Zusammenarbeit zwischen Russland und Europa zerstört.“


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Der Ludwigshafener Chemieriese ist seit vielen Jahren wichtigster Partner des russischen Gasriesen Gazprom und Verfechter von Gaslieferungen aus Russland. Die Beziehung entstand ursprünglich aus der Überlegung, etwas gegen den deutschen Gasmonopol Ruhrgas zu tun. Die BASF-Tochter förderte nicht nur Gas in Sibirien, der Konzern ist auch als Miteigentümer von Nord Stream 1 und als Finanzier von Nord Stream 2 an beiden Strängen der Ostseepipeline beteiligt.

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Vor einigen Jahren handelte BASF und dem russischen Konzern damals in einer heute stark kritisierten Vereinbarung Vermögenswerte, die nach damaligen Angaben mehr als 12 Milliarden Euro zum BASF-Umsatz beitrugen: Der Chemiekonzern erhielt zusätzliche Produktionslizenzen in Sibirien. Im Gegenzug erhielt Gazprom eine Beteiligung am bisher gemeinsam betriebenen Erdgashandels- und Speichergeschäft, konkret am Gashändler Wingas und den Erdgasspeichern in Rehden, Jemgum und Haidach in Österreich.

Für Wintershall ist Russland das wichtigste Förderland

Diese Beziehung ist nun offenbar endgültig beendet. BASF hat bereits angedeutet, das Russland-Geschäft der Wintershall abzuspalten und eine solche „befreite“ Tochter schließlich an die Börse zu bringen. Die bisherigen Börsenpläne sind nicht nur am Krieg gescheitert, auch der Minderheitsaktionär von Wintershall Dea – der russische Oligarch Michail Fridmann – hat sich Anfang Februar, noch vor Kriegsbeginn, überraschend gegen die Pläne gestellt.

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Das Marktumfeld sei schwierig gewesen, sagte er damals. Es besteht das Risiko, dass sich Wintershall unter Wert verkauft. Jetzt konnte er die Produktionslizenzen noch günstig über Umwege bekommen. Zu den nächsten Schritten äußerte sich der BASF-Vorstand jedoch nicht.

Für Wintershall ist Russland das wichtigste Förderland, die Hälfte der Produktion stammt aus Gasfeldern in Sibirien. Nach Angaben des Unternehmens befinden sich mehr als 60 Prozent der gesicherten Öl- und Gasreserven in Russland.

BASF wies darauf hin, dass die weiteren Kennzahlen für das Geschäftsjahr 2022 im Rahmen der eigenen Erwartungen liegen. Der Umsatz soll um 11 Prozent auf 87 Milliarden Euro gestiegen sein, während das operative Ergebnis um 890 Millionen Euro auf knapp 6,9 Milliarden Euro gesunken ist.

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